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"Wien ist eine Talentschmiede"

Baher Al-Hakim stammt aus Syrien, hat Zahnmedizin in Damaskus studiert, ging 2005 nach Dubai und wurde Unternehmer. Dort mischte er in der Start-Up-Szene mit und träumte vom Silicon Valley. Gelandet ist er allerdings in Wien. Zu seinem aktuellen Projekt, dem MedTech-Start-Up "Medicus AI", hat ihn die Medizinausbildung inspiriert. Das Vienna Start-Up-Package der Wirtschaftsagentur Wien habe wesentlich dazu beigetragen, dass er sein Unternehmen nach Wien übersiedelt hat. Mittlerweile hat Medicus Niederlassungen von Berlin bis Beirut. "Wenn ich einmal eine kleine Auszeit habe, lese ich gerne und gehe normalerweise zwei Bücher pro Woche durch," sagt Al-Hakim im Interview.

Was macht Medicus AI?

Medicus stellt Produkte her, die dazu beitragen, dass Menschen über ihren Gesundheitsstatus Bescheid wissen. Wir helfen, medizinische Daten, Medikationen und Laborbefunde zu verstehen, in personalisierter, teils visualisierter, leicht verständlicher Form. Zudem liefern wir Software für Diagnoselabors und Gesundheitsdienstleister.

Wie geht das vor sich?

Unser Programm importiert und verbindet verschiedenste Gesundheitsdaten miteinander. Mittels künstlicher Intelligenz werden alle Datenpunkte analysiert. Alle relevanten Erkenntnisse werden dem User zur Verfügung gestellt. Je mehr Daten uns vorliegen, desto personalisierter sind die Erkenntnisse. Unsere mobilen Apps können einfach heruntergeladen und direkt genutzt werden.

Welches Geschäftsmodell steckt dahinter?

Der Kern ist ein B2B-Unternehmensmodell, bei dem der Kunde eine Gebühr für das Einrichten zahlt und einen Beitrag pro Nutzung. Das Endnutzer-B2C-Modell basiert auf Partnerschaften, Rückerstattungen, fallweise auf der Einhebung einer Abo-Gebühr.

Wie kam es dazu?

Freunde und Bekannte haben mich als Mediziner oft gefragt, ob ich ihnen nicht die Befunde erklären könnte. Pro Jahr werden immerhin an die 20 Milliarden dieser Berichte gedruckt und zugestellt. Mehr als eine halbe Milliarde Menschen googelt, um zu verstehen, was drinsteht.

Was hat Sie nach Wien verschlagen?

Wir haben Medicus AI 2015 von Dubai hierher transferiert und Wien als Hauptsitz gewählt, weil es vor Ort eine Start-Up-Infrastruktur und ein Innovations-Ökosystem gibt, das sehr hilfreich ist. Darüber hinaus haben wir eine starke staatliche Unterstützung bekommen.

Sie haben sich 2016 um ein Start-Up-Paket der Wirtschaftsagentur Wien beworben. Wie haben Sie davon Wind bekommen?

Durch einen österreichischen Freund aus dem Start-Up-Ökosystem in Wien. Der kannte meine Arbeit, wusste von meiner Idee mit Medicus und meinen Plänen, das Unternehmen in Europa zu gründen. Er legte mir Wien ans Herz und hat mich ermutigt, mich zu bewerben.

Was hat Ihnen das Paket gebracht?

Im Rahmen dieses Pakets wurde ich drei Monate lang in Wien untergebracht und in das Start-up-Ökosystem einschließlich INiTS, das universitäre Gründerservice, eingeführt. Wir wurden auch mit Speedinvest bekannt gemacht. Die haben in das Unternehmen investiert. Und wir haben an vielen Speedinvest-Veranstaltungen teilgenommen und so neue Partner kennen gelernt, die uns jetzt mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Wie geeignet ist Wien als Sitz ihres Unternehmens?

Wien ist perfekt, um unsere Expansion zu unterstützen. Es liegt zentral in Europa, unserem größten Markt. Wien ist aber auch eine große Drehscheibe für weltweites Reisen. Außerdem macht die Qualität der hier angesiedelten Universitäten und Institute Wien zu einem großartigen Standort für die Rekrutierung von Talenten und hilft uns, schnell zu wachsen. Hohe Lebensqualität bei erschwinglichen Lebenshaltungskosten erleichtert uns, Fachpersonal aus dem Ausland einzustellen und nach Wien zu bringen.

Finden Sie in Wien ausreichend Menschen mit geeigneten Qualifikationen?

Wien ist eine Talentschmiede, gespeist von Absolventen führender Universitäten. Da die Stadt in Umfragen von Mercer und der Economist Intelligence Unit häufig als lebenswerteste der Welt eingestuft wird, trägt dies zweifellos dazu bei, einige der weltbesten medizinischen und technischen Talente anzuziehen.

Was könnte in Wien für ein Unternehmen wie Medicus noch besser sein?

Ein aktiveres Risikokapital/Finanzierungs-Ökosystem wäre hilfreich. Den größten Teil unserer Finanzierung mussten wir von außerhalb einwerben. Zudem hatten wir einige Herausforderungen mit dem Gesellschafts- und Arbeitsrecht in Österreich, das im Vergleich zum angelsächsischem Recht und auch verglichen mit Nachbarländern wie Deutschland recht ungewöhnlich ist.

Wo sehen Sie Medicus in zehn Jahren?

Als ein großes Unternehmen mit Tausenden von Mitarbeitern, die meisten davon in Wien, aber auch mit Büros auf der ganzen Welt. Bis dahin wollen wir Medicus auch an die Börse bringen.

Wie hoch ist die Zahl der Mitarbeiter jetzt?

Weltweit sind es 121, davon 22 in Wien. Wir sind in ein neues, größeres Büro umgezogen, um uns auf ein schnelleres Wachstum heuer und 2021 vorzubereiten.

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